Mit deutlichen Worten zogen Jung und Alt durch die Stadt. Die Organisatoren waren ursprünglich von nur 100 Teilnehmern ausgegangen.
Von Shannon-Lee Bendig
Bünde. Rund 1.000 Menschen setzten am vergangenen Wochenende in Bünde ein Zeichen gegen Rechtsextremismus und Hass. Gemeinsam zogen sie am Samstag, 27. Januar, durch die Innenstadt. Unter dem Motto „Schulter an Schulter gegen Faschismus“ hatte ein breites Bündnis aus der Zivilgesellschaft Anfang der Woche zur Demonstration aufgerufen. Ursprünglich hatten die Organisatoren 100 Teilnehmer für die Demo angemeldet. Diese Zahl hatten sie aber bereits in den vergangenen Tagen zunächst auf 200 und dann auf 350 hoch korrigiert.
„Das hat es in 40 Jahren nicht gegeben“
Dass schließlich 1.000 Leute dem Demo-Aufruf gefolgt sind, hat die Erwartungen aller Beteiligten übertroffen. „Das hat es in dieser Größenordnung in Bünde in den letzten 40 Jahren nicht gegeben“, sagte ein Sprecher der Initiative 9. November, der nicht namentlich genannt werden möchte. Hintergrund des Aufrufs waren vor allem die kürzlich bekanntgewordenen „Deportationspläne von AfD, Identitären und anderen völkisch-nationalistischen Kräften“, wie die Veranstalter in ihrer Ankündigung schrieben. Das Recherche-Netzwerk „Correctiv“ hatte ein Treffen von rechtsextremen Aktivisten mit Politikern von AfD und CDU in Potsdam publik gemacht. Laut „Correctiv“ ging es dabei um einen „Geheimplan Deutschland“ zur Abschiebung von Millionen Menschen aus Deutschland, vor allem solchen mit Migrationshintergrund. Seither gab es bundesweit zahlreiche Demonstrationen gegen Rechtsextremismus. Die große Beteiligung in der Zigarrenstadt und auch in ganz Deutschland zeige, dass die Menschen keine Lust auf Faschisten haben, sagte der Sprecher der Initiative 9. November. „Wir wollen eine sozial gerechte Gesellschaft, die AfD will das zerstören. Aber die Zivilgesellschaft schlägt zurück.“
Die Veranstaltung in Bünde startete um 12 Uhr mit einer Kundgebung am Tönnies-Wellensiek-Platz. Unter immer wiederkehrendem, lautem Applaus der Demo-Teilnehmer hielten Vertreter der verschiedenen Initiativen, Bürgermeisterin Susanne Rutenkröger sowie weitere Einzelpersonen Reden. Sie alle appellierten an die Bürger, sich gegen Rechtsextremismus und Faschismus aufzustellen – und fanden dabei auch deutliche Worte für die AfD. „Wir sind bunt statt braun“, sagte Andrea Sen von der Alevitischen Gemeinde Bünde. „Die AfD ist keine Alternative für eine friedliche, bunte Zukunft in Deutschland. Sie wird uns nur in das Jahr 1933 zurückführen.“
Auch Hussien Khedr, stellvertretender Bundesvorsitzender der AG Migration und Vielfalt in der SPD, war bei der Demo in Bünde vor Ort und rief die Menschen zu aktivem Handeln auf: „Lasst uns geschlossen auftreten, lasst uns unsere Stimmen erheben und sicherstellen, dass unsere Gesellschaft ein Ort der Akzeptanz und des Respekts bleibt. Heute, morgen und immer.“
Unter Polizeischutz durch die Stadt
Gegen 13 Uhr machten sich die Teilnehmer in einem Demonstrationszug unter Polizeischutz auf den Weg durch die Innenstadt über die Kaiser-Wilhelm-Straße zum Marktplatz, von dort über die Hangbaumstraße zum Museumsplatz und über die Eschstraße wieder zurück zum Ausgangspunkt. Auch in der Fußgängerzone hielt der Zug noch einmal für weitere Kundgebungen an. Dort sprach unter anderem Alex Bradatsch, der die aktuelle Rechtsbewegung aus seiner Perspektive als Transmann schilderte. „Es ist sehr schwierig geworden. Ich habe von Leuten gehört, die zusammengeschlagen wurden, weil sie ’Trans aussahen’“, berichtete er vor den rund 1.000 Zuschauern. Transmännern wurde bei der Geburt das weibliche Geschlecht zugewiesen, sie identifizieren sich jedoch als Männer.
Ulrich Martinschledde vertrat die St. Joseph-Kirche und die Lydia Gemeinde Bünde bei der Kundgebung. Er erinnerte an die Rolle der Kirche zu Zeiten des Nationalsozialismus’. „Damals hat die Kirche leider oft geschwiegen“, sagte er. Umso wichtiger sei es, dass die Kirchen sich heutzutage an einem Schulterschluss gegen Rassismus beteiligen.
Nach gut zwei Stunden beendete Organisatorin Nancy Partzsch von der Villa Bünde die Veranstaltung mit einem großen Dank an alle Beteiligten. Ihr Fazit: „Es ist super gelaufen. Wir haben bei Weitem nicht mit so vielen Leuten und Redebeiträgen gerechnet.“ Doch mit dem Ende der Demo sei es nicht mit der politischen Arbeit der Initiativen getan, betont sie. Sie wollen weiter mit Veranstaltungen über politische Themen aufklären.
Zu den Organisatoren der Veranstaltung zählen die Villa Bünde, die Alevitische Gemeinde Bünde, der Verein International, die Initiative 9. November, Parents for Future Bünde, die St. Joseph-Kirche Bünde, die Lydia Gemeinde Bünde, das Bündnis gegen Rechts im Kreis Herford und der DGB Bünde.
Wie Andreas Holdmann, Einsatzleiter der Polizei, mitteilte, verlief die Demonstration durchweg friedlich. Die Zusammenarbeit mit den Veranstaltern sei gut verlaufen, wenngleich auch die Beamten von der hohen Teilnehmerzahl überrascht waren. „Glücklicherweise waren wir mit erfahrenen Kollegen vor Ort und konnten flexibel reagieren“, sagt Holdmann. Damit die Demonstranten sicher durch die Stadt ziehen konnten, wurden die betroffenen Straßen durch die Beamten gesperrt. Da der Bereich gut zu umfahren war, blieb ein Verkehrschaos laut Holdmann aber aus. Auch die Polizei schätzt die Teilnehmerzahl auf 800 bis 1.000.